Predigt von Richard Baus, Geistlicher Rektor der Franziskanerbrüder vom Heiligen Kreuz zum 148. Stiftungstag der Ordensgemeinschaft am 12.06.2010 an der Gründungsstätte, der Kreuzkapelle bei Waldbreitbach / Wied.

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Liebe Schwestern und Brüder,

„Unbeflecktes Herz Mariä“, so steht über diesem Tag heute im Liturgischen Kalender. Ein Titel, der nicht mehr so ganz zeitgemäßt klingt – sage ich mal ganz ungeschützt. Ich weiß nicht, was herauskäme, wenn wir nach dem Sinn dieses Festes einmal in der Fußgängerzone einer der großen Städte hier am Rhein die Passanten fragen würden.

Herz Mariä – das ist „Insider-Sprache“, Theologensprache. Und jeder Insider weiß, hier geht es nicht um ein Organ, sondern hier geht es um´s Ganze, um die Mitte einer Person – um ihr Innerstes: Um ihr Denken und Wollen, um die Liebe. Es geht um all das, was einen Menschen treibt und erfüllt, um ganz und gar Gott lieben – und den Menschen dienen zu können. Es geht um die Liebe dieser Maria zu Gott – und um den Dienst, den sie damit uns Menschen getan hat. Aber, und auch hier müssen wir vorsichtig hinschauen, wenn wir Maria feiern, ihr Herz, ihre Mitte, dann muss uns klar sein, dass wir Gott feiern. In allen Präfationen zu Ehren der Heiligen unserer Kirche klingt immer wieder der Gedanke an, dass wir in den Heiligen, die Gnade Gottes rühmen. So auch in Maria. Gott ist es, der Großes an Maria getan hat. Gott ist es, der Maria so hoch erhoben hat.

So feiert die Liturgie heute die Barmherzigkeit Gottes, der seiner Kirche das Herz unseres Herrn Jesus Christus als Erweis seiner Liebe geschenkt hat –so wie wir es gestern gefeiert haben- und der ihr auch das Herz der seligen Jungfrau Maria als Urbild des „neuen Herzens“ geschenkt hat, das Herz des Menschen, der im „neuen Bund“ lebt – und d.h. wohl, des Menschen, der ganz und allein in und aus der Liebe Gottes lebt und handelt.

Das Herz der seligen Jungfrau Maria, das so erfüllt ist von Glaube und Liebe, dass es zur „Wohnung“ des Ewigen Wortes  wird, wie wir im Tagesgebet gesprochen haben, zum Tempel des Hl. Geistes. Und weil Maria sich diese enge Verbindung zu Gott bewahrt hat, weil sie dem Ewigen Wort die Wohnung in ihrem Herzen nicht aufge-kündigt und ihn nicht aus ihrem Tempel hinausgeworfen hat, sondern weil sein Wille in ihrem Herzen wohnen bleiben durfte, deshalb nennen wir dieses Herz „unbefleckt“. In der Marien-Präfation, die wir nachher singen werden,  können wir andere Worte finden, die dieses „unbefleckt“ erklären und griffiger machen: Da heißt es, dass Gott ihr ein kluges und verständiges Herz geschenkt hat; ein Herz, das bereit ist, auf Gott zu hören und seinen Weisungen zu folgen; ein neues Herz – im Sinne de Prophezeiung des Ezechiel, weil es bekleidet ist mit der neuen HGnade, die Christus erworben hat ein mildes  und gütiges Herz – eben wie das Herz Christi selbst, der uns mahnt: „Lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig“. Da ist von einem schlichten Herzen die Rede – also frei von Unaufrichtigkeit und ganz erfüllt vom Geist der Wahrheit. Und nicht zuletzt wird ihr Herz wach und stark genannt – was uns an das Herz der Braut im Hohenlied erinnern kann – das Herz, das Leid erträgt und wachend die Auferstehung Christi erwartet. Dass es auch mit einem solchen Herzen nicht einfach ist in dieser Welt zu leben und nicht einfach ist, mit all dem, was Gott uns da schickt,  zurecht zu kommen, das hat uns das Evangelium gezeigt: Maria versteht ihren Sohn Jesus nicht immer; sie kann vieles von dem, was er sagt und tut, nicht einordnen und nicht begreifen –nicht das, was der Zwöfjährige im Tempel sagt und tut – und nicht das, was Jesus tut, als er mit 30 Jahren in die Öffentlichkeit tritt und das Leben lebt, zu dem er sich von Gott berufen weiß. Dieses Leben, das ihn ans Kreuz bringt. Sie versteht es nicht – aber sie bewahrt es in ihrem Herzen. D.h. wohl: sie wird es durchgedacht, durchgekaut, durchgelitten und durchgebetet haben – und immer wird er seinen Platz in der Wohnung ihres Herzens behalten haben. Keine Kündigung. Keine Auflösung des Wohnverhältnisses. Immer drin – so schwer es auch gefallen sein mag.

„Unflecktes Herz Mariä“. Ich sagte eben, das ist Theologensprache. „Insider“-Sprache. Damit die aber auch von „Outsidern“, von eher Aussenstehenden verstanden werden kann, muss sie immer wieder neu Mensch werden. D.h. Gott muss immer wieder Menschen finden, die bereit sind, ihr Herz, ihre Mitte und ihr Innerstes nach dem Herzen seines Sohnes und seiner Mutter Maria bilden zu lassen. Sonst bleibt die Sprache Gottes ein Wort. Das Wort muss Fleisch annehmen, muss Mensch werden, damit es den Menschen von heute etwas sagen kann.

Und –Gott sei Dank- finden sich auch solche Menschen. Einer ist eben der ehrwürdige Stifter unserer Gemeinschaft: Bruder Jakobus Wirth. Ich denke, vieles von dem, was wir vom Herzen, vom Innersten Mariens sagen, können, das können wir auch von seinem Herzen sagen: klug und verständig, bereit zu hören – auf Gott und seine Weisungen, neu im Bezug auf das, was Gott mit einem Menschen Neues anfangen kann, wenn der Mensch es riskiert, sich selbst loszulassen und ganz auf Gott zu bauen; mild und gütig zu den Menschen, besonders zu denen in Not, und bei allem schlicht und rein, wach gegenüber dem Augenblick und den Zeichen der Zeit und stark, dem Ruf des Augenblickes auch zu folgen – und dennoch auch wieder nicht wie Maria oder gar Jesus selbst, sondern ganz in seiner Art, mit seinen Möglichkeiten, eben als Jakobus Wirth – also in einer „Größenordnung“, die so ist, dass man sich traut, sich irgendwie noch damit zu identifizieren. Jakobus Wirth - das ist nicht abgehoben; das steht nicht auf einem Sockel, der so hoch ist, das man nicht mehr dran kommt und es deshalb auch lieber sein läßt. Nein, Br. Jakobus Wirth, das ist „einer von uns“, einer der zeigt: es geht auch „kleiner“ – mit dem, was wir sind und was wir haben.

Einer von uns, dem man das glauben kann, weil er selbst so schlicht und rein war; einer von uns, der mit seiner ganzen Mitte, mit seinem ganzen Innersten – eben mit seinem Herzen hinweist auf die Not der Menschen und und hinführt zu Gott. Einer von uns, in dem das Wort so Fleisch geworden ist, dass wir es verstehen und begreifen können – und das auch heute Menschen so rufen und ansprechen kann, dass sie bereit sind, es wie er zu machen – und dem Herrn zu folgen. Und so feiern wir die Barmherzigkeit Gottes, der uns nicht nur das Herz unseres Herrn Jesus Christus als Erweis seiner Liebe geschenkt hat, sondern auch das Herz der seligen Jungfrau Maria – und das Herz unseres Bruders Jakobus Wirth.

Amen

(c) beim Autor

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